Studenten aus aller Welt erspüren die Bedeutung des Begriffs »Unabhängigkeit«
Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Unabhängigkeit Polens realisierte das Poster Museum Wilanów (Warschau) gemeinsam mit der Polish-Japanese Academy of Information Technology (Warschau) eine Ausstellung, zu der weltweit 17 Gestaltungshochschulen eingeladen wurden. Ziel war es, die Frage zu beantworten, wie die Bedeutung des Wortes »Unabhängigkeit« global von Designstudenten interpretiert wird. Auf Einladung der Hochschule Mainz hin, war ich Teil der delegation und des Workshop-Gremiums (zusammen mit Prof. Anja Stöffler, Prof. Julia Kühne, Hans-Jörg Pochmann, Jens Hartmann). Wir haben die Studierenden auf die Fragestellung eingestimmt und die Umsetzung ihrer Ideen begleitet.
Zusätzlich habe ich für den begleitenden Reader einen Essay geschrieben, »Between aleph and zahir and vice versa – independence«.
Auszug:
Philosophische Überlegungen, protopolitische Erwägungen, politische Positionierung
Das zehnte Kapitel der »Einführung in die Philosophie« von Karl Jaspers, deutscher Philosoph✶ 1883 † 1969, handelt von der Unabhängigkeit des philosophierenden Menschen. Wir wollen seiner klaren, knappen Ausführung folgen, das Thema ausweiten und so Grundlagen finden, der Unabhängigkeit in ihrem praktischen Vollzug näher zu kommen.
»Die Unabhängigkeit des Menschen wird verworfen von allem Totalitären, …« leitet Jaspers das Kapitel ein und beziffert damit das Wesen der Unabhängigkeit unmittelbar als filigran, als delikat, als verletzlich. Schon »Gewohnheiten« und »unbefragte Selbstverständlichkeiten« reichen aus, die Unabhängigkeit »lautlos verlorengehen« zu lassen.
Das Wahren der Unabhängigkeit sieht er in mehreren Grundzügen:
Gelebte Bedürfnislosigkeit, Askese
Angstfreiheit
Weltbürgertum
Mit Jaspers Worten entstehen aber allzu schnell Stolz, Eitelkeit, gar die Hässlichkeit der Feindschaft aus dem Leben dieser Ideale; Unabhängigkeit verkehrt sich ins Gegenteil, wenn sie sich für absolut hält. Die Unabhängigkeit ist fast immer zweideutig, was er an Beispielen verdeutlicht. So führt die Unabhängigkeit, die sich auf Unverbindlichkeit gründet, zum »toten Blick mit wachem Auge«, weil eben gerade nicht die Verankerung im Unbedingten erfolgt, erfolgen kann. Es wird, von sich selbst absehend, in die diktatorische Sprache des Wissens und Verkündens gefunden. Das verantwortungslose Spiel der Gegensätze erlaubt, nach Bedarf jede Position einzunehmen.
»Um wahre Unabhängigkeit zu gewinnen, bedarf es nicht nur der Durchhellung dieser Zweideutigkeiten, sondern auch des Bewusstseins der Grenzen aller Unabhängigkeit.«
»In der Welt unabhängig sein, bedeutet vielmehr ein eigentümliches Verhalten zur Welt: dabei sein und zugleich nicht dabei sein, in ihr zugleich außer ihr sein.«
»Ringen um Wahrheit und Menschlichkeit in der bedingungslosen Kommunikation«
Der Weg der Unabhängigkeit kann nicht anders verlaufen, immer führt er aus einem prozesshaften Angang zu Positionen, die gleichsam in ihrer politischen Dimension wirken, das Erfahren gesellschaftlicher Verantwortung ist von der Unabhängigkeit nicht zu trennen.
[Die Zwischentöne waren das große Hemmnis im Klassenkampf der 70er Jahre.]
Mein Text steht hier Deutsch und Englisch zur Verfügung:
Zwischen Aleph und Zahir und umgekehrt – Unabhängigkeit »
Between Aleph and Zahir and Vice Versa – Independence »
Das Buch »100 X INDEPENDENCE« findet sich hier », das kostenlos lesbare eBook hier »