Direkte Demokratie wagen | Die Hambacher Liste war ist? – nein war – das Begleitprojekt zum Wachsblock »
Die Hambacher Liste (als Vorbereitung für einen Weg in die Direkte Demokratie) ist Geschichte, doch die Gedanken zum Projekt sind weiterhin präsent und fortwährend von Relevanz.
Jetzt kurz und knapp und ganz von vorne:
Es war einmal … Diese Form der Verklärung passt. Durch die Kunst sollte ein Gedanke in die politische Präsenz finden, doch er sedimentierte als Märchen im Märchen. Der Beginn während der documenta 12 in Kassel hat nach Kassel zurückgewiesen, zu den Grimms.
Die Hambacher Liste (das Konzept fand 2006/2007 in die Welt) setzt den Impuls des Wachsblocks » in eine verständliche, eine praktizierbare Form. Ruhig ist es geworden um diese parlamentarische Kraft neuer Struktur. Vielleicht ist es dienlich, den Gedanken noch einmal Revue passieren zu lassen, ihn am faktischen Hier und Jetzt zu reiben, so zu messen. Direkte Demokratie kann sich als zweischneidiges Schwert zeigen. Ohne eine entsprechende Vorbereitung, ohne Einstimmung kann es schwierig werden. Die Einstimmung sollte früh beginnen, Bildungsinstitutionen (insbesondere Schulen) bieten sich an, müssen aber ihrerseits entsprechende Vorbereitung erfahren. Wer mit geradem Rücken bewusst gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, tragen möchte, hat diese Erfahrung im idealfalle in sein Aufwachsen integriert, hat sich schon in jungen Jahren üben dürfen, verantwortungsvoll in gesellschaftliche Gestaltung zu finden. Hier setzt/e der Gedanke der Hambacher Liste an. Es soll/te eine Struktur Ermöglichung finden, die sich als tatsächliches Bindeglied zwischen Parlament und Bürger versteht, aus der Bürgerschaft direkt ins Parlament vermittelt und eben auch umgekehrt.
Ich darf Sie diesem »Märchen« folgen lassen, indem ich die Inhalte der damaligen Website präsentiere. Ein Märchen? Ja und Nein – das liegt doch schlussendlich nur an Ihnen, an uns …
Was ist die Hambacher Liste?
»Tritt frisch auf, mach’s Maul auf, hör bald auf«
Martin Luther (1483 – 1546), Theologe
Kurzdarstellung:
Schön, dass Sie sich für die Hambacher Liste interessieren.
Alle, die unsere parlamentarische Demokratie im besten Sinne pflegen wollen und gleichzeitig keine Partei als Vertretung ihrer Interessen ausmachen können, sind zur Mitgestaltung eingeladen.
Ihre Stimme ist zu wertvoll, um ungenutzt zu bleiben!
Wir sind ein Zusammenschluß von Menschen, die durch einen einenden Gedanken auf die politische Gestaltung in unserem Land – im zweiten Schritt auch auf europäischer Ebene – einwirken wollen.
Wir suchen die »Perlen« unserer Gesellschaft, Mitbürger, die – als Nicht-Berufspolitiker – ihre Kraft in Belange der Gemeinschaft investiert haben und so mit ihrem guten Namen für die Förderung gemeinschaftlicher Lebensqualität stehen.
Diese Menschen wollen wir bitten, ihre Leistung für die Arbeit im Parlament bereitzustellen.
Zwölf Wochen vor der Wahl werden fünfzig dieser Menschen nach einfachem Wahlverfahren ausgesucht, um so die Kandidaten der Hambacher Liste zu bestimmen.
Vom Einzug dieses Personenkreises ins Bundesparlament erwarten wir wertvolle Impulse, die das politische Geschehen heilend bereichern sollen.
Bei der Hambacher Liste geht es nicht um die Befriedigung individueller Befindlichkeiten, die Motivatoren tauchen ja selbst nicht als Kandidaten auf.
Die umfangreichere Darstellung findet sich im unteren Bereich dieser Seite.
Wie entstand die Hambacher Liste?
»Jeder Mensch ist ein Künstler.«
Friedrich D. E. Schleiermacher (1768 – 1834), Theologe, Philosoph und Pädagoge (Reihenfolge schillernd)
»Jeder Mensch ist ein Künstler.«
Joseph Beuys (1921 – 1986), Künstler
In Anlehnung an das Hambacher Fest am 27. Mai 1832, das als Geburtsstunde unserer Demokratie aufgefasst werden kann, haben wir unsere Liste bezeichnet. Damals wie heute ging es um das Wahren der freiheitlichen Rechte, der Meinungs‑, Presse‑, und Versammlungsfreiheit. Diese Aspekte bleiben aktuell, sie begegnen uns heute, 175 Jahre später, in ähnlichem Gewand wieder. Der Geist dieses Festes soll uns beleben und Verpflichtung sein.
Der Gedanke der Hambacher Liste, also der Möglichkeit auch Kritik sinnvoll und konstruktiv wählbar zu machen, resultiert aus einer Zusammenkunft der beiden Initiatoren Guido Stemme und Christian Hardt mit dem »OMNIBUS für direkte Demokratie in Deutschland« (November 2006/ Schloß Freudenberg, Wiesbaden). Direkte Demokratie ist das wesentliche Grundanliegen dieser Unternehmung, die den Gedanken in seine Bedingungen weitet und so auch das Grundeinkommen » entsprechen berücksichtigt.
Um die öffentliche Meinung und Einstellung hinsichtlich des Gedankens zu erfahren, wurde das Kunstprojekt “Der Wachsblock” initiiert. Der Wachsblock war u.a. die 100 Tage der documenta12 in Kassel zugegen. Es bildete sich ein großer Erfahrungsschatz, was der Bürger von der politischen Wirklichkeit hält, was er bereit ist zu investieren, welche Änderungen er sich wünscht.
Die Kerngedanken waren in diesem Faltblatt » zusammengetragen.
Wie setzt sich die Liste zusammen?
Miteinander füreinander
Die Hambacher Liste besteht aus zwei Teilen.
Einerseits besteht sie aus Bürgern (wie uns, den Initiatoren), die durch diesen experimentellen Versuch einen Anstoß geben wollen und Mitbürger suchen/vorschlagen, denen sie ein politisches Amt anvertrauen wollen.
Andererseits besteht die – zur Wahl aufzustellende – Liste aus Bürgern, die zur Teilnahme an der politischen Arbeit im Parlament aufgefordert werden. Diese Menschen werden als Wahlvorschlag auf die Liste gesetzt und ziehen ins Parlament, sofern 5% erreicht werden können.
Welche Positionen wird die Liste vertreten?
Nicht das Kalkül, der Verantwortung tragende Mensch entscheidet.
Jeder Teilnehmer wird mit seinem guten Namen für seine Politik stehen. Es gibt also keinen Fraktionszwang. Wesentlich ist die Förderung von Kommunikation (sowohl innerparlamentarisch zwischen den Fraktionen, als auch zwischen den Bürgern und dem Parlament) und die Förderung politischer Bildungsarbeit (besonders auch an Schulen).
Hierfür ist es wesentlich, im Parlament vertreten zu sein!
In konkreten Sachfragen entscheidet die Teilnehmerin, bzw. der Teilnehmer unabhängig und nach bestem Gewissen. Es mag also durchaus vorkommen können, dass eine Entscheidung innerhalb der Liste kontrovers ausfällt.
Persönlich mit dem eigenen Gewissen dem Gemeinwohl verpflichtet, entzieht sich die Entscheidung dem Fraktionszwang.
Was ist die Aufgabe der Liste?
“Wo aber Gefahr ist, wächst
das Rettende auch”
(Friedrich Hölderlin)
Im Parlament haben die gewählten Mitglieder der Hambacher Liste, als Nicht-Berufspolitiker verstanden, eine innerparlamentarisch-transpositionelle Stellung. D.h., dass sie innerhalb des Parlaments das Gespräch zwischen den Fraktionen anregen und auf Sachebene führen sollen, gleichzeitig außerhalb des Parlaments (z.B. in Schulen) junge Menschen anregen sollen, sich für die Belange der Gemeinschaft, also das Wohl des Staates (der europ. Gemeinschaft), einzubringen. Die Ermöglichung der Übernahme von Verantwortung und das Schaffen von Freiräumen fördert die Erfahrung dieser Aufgabe.
Wie kann ich mitgestalten?
Mitgestaltung ist ganz einfach.
Über eine formlose Mail an [das Projekt ist beendet] können Sie Ihr Interesse am Projekt dokumentieren. Sie werden dann bis auf Widerruf in unseren Verteiler für die »Hambacher Blätter« aufgenommen. Sonstige Verpflichtungen entstehen selbstverständlich nicht.
Wir verstehen gut, dass viele Menschen einerseits Interesse zeigen, an einer Änderung mitzugestalten, andererseits aber in ihren Alltag eingebunden sind und nur wenig Freiraum für diese Absichten bereithalten können.
Wir machen es daher wirklich einfach.
Die Mitgliedschaft in der Hambacher Liste ist lediglich an das Bekenntnis zu unserem Grundgesetz im besten Sinne gebunden. Unsere parlamentarische demokratische Staatsform ist zu bejahen.
Jedem Mitglied bleibt es selbst überlassen, sich über den Fortgang des Projekts zu informieren, Freunde auf das Projekt aufmerksam zu machen, ggf. Menschen anzusprechen, die er/sie für geeignet hält, sich aufstellen zu lassen, nach eigenen Ideen als Multiplikator für die Idee zu wirken. Das Finden medialer Präsenz wäre schön.
Ein Notwendigkeiten-Katalog wird im lockeren Verbund gemeinsam erarbeitet.
Wir werden an dieser Stelle ab Februar 2009 ein PDF-Formular anbieten, das Ihnen die Kommunikation Ihres Interesses ermöglicht. Sie können Ihr Interesse an den »Hambacher Blättern« äußern, oder ihren Wunsch an einer Mit- bzw. Zusammenarbeit mitteilen.
Die zur Wahlzulassung notwendigen Modalitäten werden zeitgleich erarbeitet und umgesetzt.
Die Hambacher Liste – behutsam in die Direkte Demokratie finden
So haben wir seinerzeit in knapper Form auf die Direkte Demokratie und den Weg dorthin, eben über die Hambacher Liste – aufmerksam gemacht und auch ein Tagebuch geführt.
Die »Hambacher Liste« | Direkte Demokratie wagen
Langform der Darstellung
Wieso »Hambacher Liste«
In Anlehnung an das Hambacher Fest am 27. Mai 1832, das als Geburtsstunde unserer Demokratie aufgefasst werden kann, haben wir die Liste bezeichnet. Damals wie heute ging es um das Wahren der freiheitlichen Rechte, der Meinungs‑, Presse‑, und Versammlungsfreiheit. Diese Aspekte bleiben aktuell, sie begegnen uns heute, mehr als 175 Jahre später, in ähnlichem Gewand wieder. Der Geist dieses Festes soll uns beleben und Verpflichtung sein.
Die Liste
In einer Welt offener Kommunikationsmöglichkeiten steigt die Verantwortung der Bürger, am demokratisch politischen Prozess teilzunehmen. “Keiner ist machtlos, jeder ist verantwortlich”, dieser Satz erfährt zunehmend Bedeutung, da uns die bewußte Nutzung der Medien Verantwortung an die Hand gibt. Sich organisieren, zur Sprache finden, ist, rein technisch gesehen, nie einfacher gewesen.
Zu beobachten ist derzeit das Gegenteil. Unzufriedenheit mit der parlamentarischen, ja parteilichen Praxis und das Gefühl, hinsichtlich der eigenen, kommunalen, Landes- und Bundesinteressen kein Gehör zu finden, wird zur Regel. Dies drückt sich in der, besonders bei den jungen Wahlberechtigten anzutreffenden, abnehmenden Wahlbeteiligung aus.
Eine nicht repräsentative, aber erhellende Umfrage im eigenen sozialen Umfeld belegt die Vermutung, dass das Desinteresse an unserer demokratischen Ordnung stark durch das Gefühl induziert ist, kein Gehör zu finden. Entscheidungen werden oft als äußerst bürgerfern erlebt.
Die »Hambacher Liste« möchte versuchen, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Es soll ein innerparlamentarisches Forum geschaffen werden, das – unabhängig vom Zwang zur Fraktionsbildung – den Fokus der Aufmerksamkeit genau auf diese Problematik legt und – im besten Sinne demokratisch – den Anschluss zu außerparlamentarischen Kräften knüpfen will. Die fehlende Bindung an ein enges parteiliches Programm erlaubt die Einladung zum offenen Gespräch über parteiliche Grenzziehung hinweg.
Die Aufgabe der Liste integriert die Arbeit an den sachpolitischen Fragestellungen und die Förderung grundsätzlicher kommunikativer Strukturen.
In der Liste sammeln sich Menschen unterschiedlicher Weltauffassung. Das verbindende Element stellt neben der Achtung und Bejahung unserer Verfassung, der Wunsch dar, die je aktuellen Bürgerinteressen in die politische Willensbildung zu integrieren, indem das Begehr einen Ausdruck in der Arbeit innerhalb des Parlaments findet.
Die Einladung zur Neu- und Wiederentdeckung des eigenen politischen Spiel- und Aktionsraums soll auch über die Ausrichtung politischer Bildungsarbeit an Schulen stattfinden. Die Erprobung der Übernahme von Verantwortung (auch im Spiel), also das Erleben des eigenen Gefordertseins, bildet die Grundlage für bewußte Entscheidungsfindungen.
Die Liste wird auch versuchen, sollten innerhalb des Parlaments Probleme in der Kommunikation auftreten, die nicht ursächlich sachbedingt sind, eine Mediatorenfunktion anzubieten, um die Diskussion auf die Sachebene zu heben.
Hierbei wird die Vision eines geeinten, lebenswerten Europas die Motivation der politischen Betätigung darstellen.
Durch die offene Struktur, die ihren Zusammenhalt auf der überparteilichen Ebene findet, wird die Liste die Parlamentsarbeit durch diese Kraft neuer Struktur beleben und bereichern können. Transposition, nicht Opposition wird unsere Aufgabe sein. Einladung zum Gespräch und das Verbinden, das “Sich begegnen lassen” von Standpunkten ist unser Anliegen.
In der Hoffnung, einen Beitrag zur Erhaltung und Förderung unserer und der europäischen Demokratie leisten zu können, wird sich die Liste zur nächsten Bundestagswahl stellen.
Wie wird sich die »Hambacher Liste« zusammensetzen?
Diese zentrale Frage ist ein “Dreh- und Angelpunkt” der Diskussion. Ausgehend von der grundsätzlichen Einstellung
- verfassungskonform
– neutral (im Sinne von ausgewogen)
– Transposition statt Opposition (also nicht Gegen- sondern Mitbewegung)
– politischer Kultur verpflichtet
– Bindeglied zwischen inner- und außerparlamentarischem Geschehen
– Förderer und Ausrichter politischer Bildungsarbeit an Schulen
– experimentelle Struktur, die sich fliessend entwickelt
zu sein, bildet sich diese Position auch in der Zusammensetzung der Liste ab. Die Mitglieder der Liste werden in allen Regionen Deutschlands zu suchen sein. Ein wesentlicher Anspruch an die für die Listenplätze vorgeschlagenen Bürger wird im Bekennen zu den Absichten der Liste bestehen. Die eigene sachpolitische Ausrichtung wird hierbei – sofern verfassungskonform – keine Rolle spielen. In diesem Sinne überparteilich, versammeln sich also Positionen, die beispielsweise sozialdemokratisch, liberal, christlich-sozial oder grün geprägt sein können. Wesentlich ist der Anspruch einladend zu sein, dem außerparlamentarischen Geschehen Ansprechpartner zu sein, das offene Gespräch mit allen Parlamentariern zu suchen und politische Bildungsarbeit zu unterstützen. Dies bedeutet natürlich viel Arbeit und Engagement. Die Aufgabe ist also nur für Menschen interessant, die sich bereit zeigen, ihre Kraft in den Dienst des Gemeinwohls zu stellen, sich als Teamspieler zu sehen. Menschen, die die Liste als Grundlage zur Selbstdarstellung nutzen wollen, sind – offen gesprochen – unerwünscht, da kontraproduktiv. Vielmehr wollen wir die “Schätze unserer Gesellschaft”, wie sie – bei genauer Suche – überall im Land zu finden sind, ansprechen und zur Mitgestaltung bewegen. Das Los soll entscheiden, welche Position die Bewerber auf der Liste einnehmen werden.
Diese, vom Idealismus geprägte, Ansicht wird sich dem vorzufindenden Realismus stellen müssen. Sicher werden sich Modifikationen und neue Perspektiven ergeben, da wir ja auf die Kraft der Prozesse setzen. Die Grundsätze werden die Rolle von Spielregeln einnehmen, sodass die Änderungen dazu dienen, die Zusammensetzung und die Aufgabe der Liste in diesem Sinne auszudifferenzieren.
So, und nur so, wird es gelingen, Menschen, die ihre Unzufriedenheit konstruktiv artikulieren wollen, eine Möglichkeit zur Stimmabgabe zu bieten und zur konkreativen Beteiligung einzuladen. Der eigentliche Reiz der Aufgabe besteht ja gerade darin, den etablierten Parteien einen internen Bildungsprozess abzufordern. Die Hambacher Liste wird dann erfolgreich gewesen sein, wenn sie in ihrer Funktion nicht mehr benötigt wird und die politische Bühne verläßt. Gleichzeitig soll dieser kultiviert behutsame Ansatz auch mittel- bzw. langfristig in die direkte demokratie führen.
Welche Positionen wird die Hambacher Liste vertreten?
Diverse Diskussionen mit Menschen verschieder Altersklassen haben aufscheinen lassen, dass hinsichtlich dieser Frage ein starker Erklärungsbedarf besteht. Die offene Gestaltung unseres Ansatzes läßt Unsicherheiten aufkommen, denen wir im Folgenden ansatzweise begegnen wollen.
Einleitend möchte ich eine Episode aus dem parteilichen Tagesgeschehen präsentieren. Die Wahl dieser Episode geschah zufällig und ist lediglich durch ihre Aktualität motiviert.
In der Zeitschrift “Stern” Nr.21/2007 vom 16.05.2007 findet sich eine Forsa-Umfrage, die vom 8. bis 11. Mai 2007 unter 1003 befragten SPD-Mitgliedern durchgeführt wurde. Die Fehlertoleranz wird mit +/- 3 Prozentpunkten angegeben.
Eine der Fragen lautet: Steuern senken? Die SPD sollte der Unternehmensteuerreform zustimmen
62% antworteten mit “nein”, 33% antworteten mit “ja”, 5% antworteten mit “weiß nicht”
In der Zeitung “die tageszeitung” (taz) vom 25. Mai 2007 erschien ein Interview, das Ulrike Herrmann mit Ortwin Runde führte. Ortwin Runde ist 63 Jahre alt, SPD-Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Finanzausschusses. Von 1997 bis 2001 war er Bürgermeister von Hamburg. Runde läßt sich zur parlamentarischen Linken der SPD zählen.
Titel des Beitrags:
“Die Steuerreform ist keine Gewissensfrage”
Letztlich zählt die Parteidisziplin, meint der SPD-Linke Ortwin Runde …
In diesem Interview berichtet Runde, dass er in der Fraktion dagegen gestimmt habe, im Bundestag aber zustimmen werde, da im Koalitionsausschuss ein Kompromiss mit der Union ausgehandelt worden sei. Es geht um eine Staatsbelastung in Höhe von 5 Milliarden Euro jährlich, die hier verhandelt wird. Runde spricht davon, dass es sich “nur” um eine politische Sachfrage handele. Das Interview endet mit Rundes Feststellung, dass es eben ein Kompromiss war. “Wir Linken haben leider immer noch nicht die Mehrheit. Aber wir arbeiten dran.”
Zum Inhalte dieses “Kompromisses” sei noch angemerkt, dass auf der rechnerischen Gegenseite (Änderung der Bemessungsgrundlage bei der Gewerbesteuer) Mehreinnahmen in Höhe von 220 Millionen Euro zu verzeichnen sind, also weniger als ein Zwanzigstel.
Für das Selbstverständnis der Hambacher Liste ist diese Position unverständlich. Ganz abgesehen davon, dass Runde sich zum Kreis der parlamentarischen Linken der SPD zählen läßt, sollte ihm auch bekannt sein, dass mehr als 60% der Parteimitglieder seine Position teilen. Welche Umstände sorgen dafür, dass sich ein gestandener Politiker, wider die eigene Überzeugung, einem Zwang beugt, der das nicht unwesentliche Volumen von 5 Milliarden Euro jährlich betrifft? Wie will er an einer Mehrheit arbeiten, wenn er nicht zu seiner Überzeugung steht?
Wie gesagt, dieses Beispiel ist nur eines von vielen, gewählt habe ich es zufällig, wegen seiner Aktualität. Es bleibt zu hoffe, dass eine gesunde Direkte Demokratie dieser Praxis entsprechend entgegenwirkt.
Die Hambacher Liste fordert keinen “Fraktionszwang”!
Die Listenmitglieder werden sich nur hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Einstellung verantworten:
- verfassungskonform
– neutral (im Sinne von ausgewogen)
– Transposition statt Opposition (also nicht Gegen‑, sondern Mitbewegung)
– politischer Kultur verpflichtet
– Bindeglied zwischen inner- und außerparlamentarischem Geschehen
– Förderer und Ausrichter politischer Bildungsarbeit an Schulen
– experimentelle Struktur, die sich fliessend entwickelt
Die Hambacher Liste steht nicht explicit für Positionen, sondern fühlt sich einem Prozess verantwortlich, und dieser Prozess hat ein Ziel: Direkte Demokratie wagen. Das “Auf die Fahne Schreiben” von Sozialer Gerechtigkeit, Wohlstand, Arbeit, Gesundheit, Bildung, Sicherheit, Umweltschutz, Mobilität etc. für alle ist uns zu kurz gegriffen, zu einfach. Positionen ergeben sich aus Situationen und werden durch ggf. differierende Ansätze bewegt und befruchtet. Gerade diese gedankliche Bewegung und die offene Verarbeitung gesammelter Erfahrung ermöglichen einen Fortschritt für das Gemeinwohl im Rahmen der parlamentarischen Arbeit.
Das heißt, dass für den Wähler das Wagnis besteht, dass der ein oder andere Repräsentant in einer sachpolitischen Frage eine Position beziehen kann, die sich nicht mit der sachpolitischen Ansicht des Wählers deckt.
Das heißt aber eben auch, dass die politische Arbeit als Ganzes durch die tatsächliche Übernahme persönlicher Verantwortung gekennzeichnet ist. An ihren Taten werden sie – die einzelnen Abgeordneten – sich messen lassen müssen und dem Wähler Rechenschaft zollen.
Ohne dieses Wagnis, diesen experimentellen Weg, wird es keine inspirierte Beseelung der gegenwärtigen Situation geben. Mit dem französischen Soziologen Jean Baudrillard gesprochen, stellen wir fest, dass die Attribute vermeintlicher Sicherheit und Verbindlichkeit das Scheitern verunmöglichen, da unter diesen Gegebenheiten das Versagen schon vorliegt.
Wie werden die Förderer der »Hambacher Liste« in Kontakt stehen?
Die »Hambacher Liste« kennt, weder hierarchische Strukturen, noch Dychotomien.
Was heißt das?
Das Ordnungssystem der Pyramide hat für unsere Belange ausgedient. Diese starre Hierarchie wird den Belangen der »Hambacher Liste« nicht gerecht. Wir setzen auf dynamische, fließende Hierarchien, die nicht im Wettbewerb stehen, sondern sich wechselseitig fördern und ergänzen.
Die Teilung eines Sachverhalts in “ja” und “nein” oder “links” und “rechts” ist für die »Hambacher Liste« ebenfalls überwunden, da in den Teilungen nicht der Ausschluß, sondern die wechselseitige Bedingtheit und Ergänzung zu suchen ist.
Die Aufenthaltsorte der vorgeschlagenen Menschen bilden die geografischen Anknüpfungspunkte, spannen das Feld grundsätzlich auf. Alles Weitere ergibt sich und entwickelt sich. Die Organisationsstruktur der »Hambacher Liste« entspricht dem Rhizom.
Das Rhizom
Das Rhizom ist ein verflochtenes System mit vielen Wurzeln und Quellen. Es erschöpft sich nicht in “entweder/oder” Strukturen. Es kann an beliebigen Stellen Brüche erfahren, dies verhindert aber nicht seine fortschreitende Entwicklung, sondern gehört zu seiner Natur.
Das Rhizom steht auch für die Lösung aus konkret beschriebenen Machtverhältnissen: Die Perspektiven und Positionen können frei verschränkt werden, was die Grundlage für die konkreative Beteiligung am Projekt ermöglicht.
Und jetzt? Wo steht der Gedanke «Direkte Demokratie« heute (2023)?
Abschließen möchte ich den Rückblick in unser Projekt mit dem Verweis auf die erfolgreiche Unternehmung Omnibus für Direkte Demokratie ». Der OMNIBUS wurde im Jahre 1987 auf der documenta 8 eröffnet und widmet sich seither in vornehmster Weise der Idee der Direkten Demokratie und der Sozialen Plastik ». Bitte nehmen Sie sich doch die Zeit und lassen den OMNIBUS einmal auf sich wirken.
Vielen Dank!